
Ich will alles. Hildegard Knef. – Berlinale Panorama
(Foto: © Privatarchiv Hildegard Knef)
Die deutsche Schauspielerin und Sängerin Hildegard Knef war bereits zu Lebzeiten und ebenso nach ihrem Tod 2002 immer wieder Teil der Berlinale. In den fünfziger und sechziger Jahren war die gebürtige Berlinerin nebst ihren Filmen wiederholt Gast des Festivals, und in den letzten Jahren wurden regelmäßig Klassiker mit ihr wie „Die Mörder sind unter uns“ von Wolfgang Staudte oder „Die Sünderin“ von Willi Forst in verschiedenen Retrospektiven gezeigt. 2009 war die Schauspielerin Heike Makatsch als „Hilde“ in dem gleichnamigen biografisch angelegten Spielfilm beim Festival zu sehen. Persönlich war die Knef 2001 ein letztes Mal bei der Berlinale, um den Dokumentarfilm „A woman and a half“ von Clarissa Ruge vorzustellen, für den sie ein letztes Mal vor der Kamera stand.
Audio-Player(Radiobeitrag zu „Ich will alles.Hildegard Knef“)
(Regisseurin Luzia Schmid bei der Premiere im Rahmen Berlinale)
Mehr als zwei Jahrzehnte später nimmt jetzt die deutsch-schweizerische Filmemacherin Luzia Schmid eine Zeile aus einem ihrer bekanntesten Lieder, „Für mich soll’s rote Rosen regnen“, als Titel einer neuen Dokumentation, die vor allem die Songschreiberin und Sängerin Hildegard Knef in den Vordergrund stellt. Schmid dreht seit 20 Jahren Dokumentarfilme und ist zuletzt mit der preisgekrönten Geschichte „Drei Frauen – ein Krieg“ über amerikanische Kriegsreporterinnen und ihren Kampf und Anerkennung und Gleichbehandlung gegenüber ihren männlichen Kollegen erfolgreich gewesen. Daran knüpft die Regisseurin inhaltlich an, denn auch Hildegard Knef musste sich in der deutschen Öffentlichkeit oft gegenüber männlicher Herablassung und Überheblichkeit zur Wehr setzen. Davon zeugen die zahlreichen Ausschnitte aus TV-Interviews, in denen ihre Arbeit als Schauspielerin, Autorin und Liedermacherin von den oft männlichen Interviewern in Frage gestellt wurde. Die vielen selten oder lange nicht gezeigten Archivaufnahmen sind das Herzstück dieser Dokumentation. Sie zeigen eine Frau, die offen mit ihren Ängsten und Zweifeln umgeht, aber genau über ihr Talent und Können Bescheid weiß. Ruhig und überlegt lässt sie so manches Journalisten-Ego an ihrem Intellekt zerschellen.
(Das Team des Films bei der Weltpremiere im Haus der Berliner Festspiele)
Zum großen Teil kommt sie so also selbst zu Wort, nur einige private Leerstellen werden von ihrer Tochter Christina und ihrem dritten Ehemann Paul von Schell behutsam, aber schonungslos gefüllt. Ihr Ringen mit dem deutschen Publikum und der deutschen Kritik, wie ihr später Erfolg als Autorin mit drei autobiografischen Bestsellern, sind wichtige Stationen des Films, aber im Kern ist „Ich will alles“ ein Musikfilm. Die zahlreichen Auftritte bei ihren großen Tourneen in den sechziger Jahren und Bilder ihrer letzten Konzertreise 1988 vermitteln noch einmal die ungewöhnliche Faszination dieser Songschreiberin mit der tiefen und zugleich sanften Tonlage, die erst von Cole Porter bei ihrem gemeinsamen Broadway-Erfolg „Silk Stockings“ behutsam zum Singen gedrängt wurde.
Luzia Schmids Film schafft es Hildegard Knef enorm lebendig und zeitgemäß zu präsentieren. „Ich will alles“ richtet sich nicht nur an Nostalgiker, sondern auch an ein junges Publikum, das hier eine starke, eigenwillige und moderne Künstlerin neu oder vielleicht sogar zum ersten Mal für sich entdecken kann. Ab 03.04. im Kino.
(Dieser Beitrag erschien zuerst als Radiobeitrag in der Sendung „Filmriss – Das Berlinale-Magazin“, einem gemeinsamem Projekt der norddeutschen Bürgersender Kiel FM, Lübeck FM, Westküste FM, Tide Hamburg, Radio Leinewelle und Oldenburg Eins.)