Night Raiders – Berlinale Panorama

(Foto: © Christos Kalohoridis)

Der Film „Night Raiders“ entwirft ein düsteres Zukunftsszenario der Welt im Jahr 2044 mit menschenleeren, wie ausgebombt wirkenden Städten. Menschen verstecken sich in verlassenen Häusern oder suchen Zuflucht auf dem Land, während die Regierung Kinder verhaftet, um ihnen in Militärcamps Gehorsam beizubringen und sie so zu Killermaschinen für einen totalitären Staat umzufunktionieren. Vogelschwärmen gleich sind Armeen von Drohnen darauf programmiert, einzig und allein Kinder und Jugendliche aufzuspüren. In den Wirren dieses bürgerkriegsähnlichen Chaos verliert eine junge Mutter ihre Tochter an die Regierungstruppen.

(Radiobeitrag für Filmriss – Das Berlinalemagazin)

Über eine indigene Widerstandsgruppe der kanadischen First Nation, den Cree, bietet sich ihr die Chance, ihre Tochter wiederzubekommen. Zugleich wartet dieser Zusammenschluss von Widerständlern auf größere Ereignisse; nämlich auf eine Wächterin, die sie aus dem Elend heraus in die Freiheit führt.

Die kanadisch-neuseeländische Koproduktion bedient sich Mitteln der Science-Fiction, um eine Parabel über Unterdrückung und Anpassungszwang der amerikanischen First Nation zu erzählen – schließlich mussten sich die kanadischen Ureinwohner:innen wiederholt gegen die Kolonisierung durch französische und britische Siedler:innen zur Wehr setzen. Mit „Night Raiders“ präsentiert Danis Goulet, die über Cree-Wurzeln verfügende kanadische Regisseurin, nach mehren Kurzfilmen ihr Spielfilmdebüt.

In der Hauptrolle ist die zur First Nation der Kainai gehörende Schauspielerin und Filmemacherin Elle-Máijá Tailfeathers zu sehen. Zuletzt spielte sie in dem ebenfalls in Kanada gedrehten Genrebeitrag „Blood Quantum“ mit, einem apokalyptischen Zombiethriller, den der zur First Nation der Mi’kma gehörende Regisseur Jeff Barnaby gedreht hat. Etwas Prominenz verleiht dem Film die amerikanische Schauspielerin Amanda Plummer, die in den neunzehnhundertneuziger Jahren mit Filmen wie „König der Fischer“, „Pulp Fiction“ und „God’s Army“ bekannt geworden ist.

Night Raiders“ ist ein spannendes, nah an den Figuren bleibendes Stück Indie-Science-Fiction, dabei stets die Geschichte in den Vordergrund stellend. Spezialeffekte werden nur sparsam eingesetzt, und entfalten daher um so effektivere Wirkung. Regisseurin Gouret nennt übrigens lfonso Cuarons düstere Zukunftsvision „Children Of Men“ als großen Einfluss auf ihr Debüt. Tatsächlich sind dessen gedämpfter Tonfall, eine eher dunkel und grau gehaltene Farbdramaturgie und die insgesamt beklemmende Grundstimmung in „Night Raiders“ wiederzufinden. Im Gegensatz zu Cuaron erlaubt es sich Danis Goulet allerdings, ihren Film zumindest mit einer etwas optimistischeren Note enden zu lassen.

 

(Dieser Beitrag erschien zuerst als Radiobeitrag in der Sendung „Filmriss – Das Berlinale-Magazin“, einem gemeinsamem Projekt der norddeutschen Bürgersender Kiel FM, Lübeck FM, Westküste FM, Tide Hamburg, Radio Leinewelle und Oldenburg Eins.)