Blackberry – Berlinale Wettbewerb
(Foto: © Budgie Films Inc.)
Über Aufstieg und Fall einer technischen Wundermaschine und deren Erfinder erzählt der kanadische Spielfilm „Blackberry“. Fast jeder besitzt heutzutage ein Smartphone oder hat zumindest davon gehört. Vor allem in Nordamerika aber war viele Jahre lang das Blackberry das übliche Kommunikationstool, wie es im Film an einer Stelle behauptet wird, bevor es das iPhone und damit das Smartphone gab.
„Blackberry“ führt zurück in die neunziger Jahre. Es ist die Zeit von Modems, Grunge-Rock, ersten, großpixeligen Computerspielen, Pagern und dem langsamen, unaufhaltsamen Beginn des Internets. Mike Lazaridis und Douglas Fergin führen in der kanadischen Stadt Waterloo ein kleines Technikunternehmen, welches wie eine Mischung aus Gamertreff und Studentenparty wirkt – ein undisziplinierter Haufen von Kindsköpfen mit kreativen technischen Ideen.
Nach der misslungenen Präsentation eines technischen Prototypen bei einem möglichen Geldgeber tun sich die zwei Nerds mit dem just gefeuerten und aalglatten Geschäftsmann Jim Balsillie zusammen. Bis zum Jahr 2008 sollte dieses ungleiche Trio eine Revolution in der Technikwelt anstoßen. Berechnungen nutzbarer Bandbreiten und Frequenzen sowie der damit verbundene Wandel vom Mobiltelefon hin zum Taschencomputer wären ohne Lazaridis, Fergin und Balsillie so nur schwer denkbar gewesen.
Die Fallhöhe in dieser Tragikomödie entsteht aus dem Clash zwischen den ungleichen Protagonisten; die so generierte Situationskomik macht dann eben auch den großen Unterhaltungswert von „Blackberry“ aus. Daneben ist der Film jedoch ebenso eine Ikarus-Geschichte über Gier, Skrupellosigkeit und den Verlust eines moralischen Kompasses angesichts immenser finanzieller Verlockungen.
Regisseur Matt Johnson, zugleich Co-Autor des Drehbuchs, spielt die Rolle des Douglas Fergin ausstaffiert mit Zottelhaaren, Walkman und mit Computerspiellogos bedruckten T-Shirts. Sein Freund und zugleich der eigentliche Erfinder des Blackberry, Mike Lazaridis, wird von Jay Baruchel dargestellt. Im Laufe der Handlung legt dieser eine erstaunliche Wandlung vom kontaktscheuen Brillenträger zum unbeherrschten und gut gekleideten CEO hin.
Heimlicher Star des Films ist aber Glenn Howerton, bekannt als erfolgloser Barbesitzer in der Serie „It’s Always Sunny In Philadelphia“ mit unter anderem Danny DeVito. Mittels rasierter Halbglatze und teuren Anzügen gibt er als Jim Balsillie den zügellosen Finanzhai unter Starkstrom, scheinbar immer ganz kurz vor einem cholerischen Anfall stehend. In weiteren Nebenrollen sind die während der neunziger Jahren in Blockbustern wie „Robin Hood – Helden in Strumpfhosen“ oder „Starship Troopers“ schauspielerischen Schwergewichte Cary Elwes und Michael Ironside zu sehen.
„BlackBerry“ ist ein unterhaltsamer und nostalgischer Film über Anfänge und Gefahren des digitalen Zeitalters, in dem sich die Mehrheit heutzutage so ganz und gar selbstverständlich bewegt.
(Dieser Beitrag erschien zuerst als Radiobeitrag in der Sendung „Filmriss – Das Berlinale-Magazin“, einem gemeinsamem Projekt der norddeutschen Bürgersender Kiel FM, Lübeck FM, Westküste FM, Tide Hamburg, Radio Leinewelle und Oldenburg Eins.)