10 Tipps fürs Reeperbahn Festival

Heute startet in Hamburg das 13. Reeperbahn Festival. Vier Tage lang gibt es auf St. Pauli in mehr als 70 Clubs, Kneipen, Kirchen, Theatern und Plattenläden aktuellen Indiepop und Indierock in all seinen Spielarten zwischen Folk, Noise, elektronischer Musik, Jazz, Funk, Hip-Hop und moderner Klassik zu erleben. Im Mittelpunkt stehen dabei einmal mehr neue oder noch nicht etablierte Bands, denn das Festival ist auch diesmal wieder Branchentreffpunkt und Netzwerkknotenpunkt für Journalisten, Plattenfirmen, Tourneeveranstalter und Musikpromoter aus dem Independentbereich. Viele der Künstlerinnen und Künstler des Festivals habe ich schon bei soundundvison im Radio vorgestellt und wie in jedem Jahr habe ich auch diesmal vorab ein paar Konzerte herausgesucht, bei denen ich auf jeden Fall dabei sein werde.

Altin Gün

Rare Grooves und psychedelische Rocksongs aus der Türkei sind bei DJs, Plattensammlern und Musikhistorikern schon lange ein Thema. Aber auch aktuelle türkische Acts wie Gaye Su Akyol, BaBa Zula und das internationale Projekt Dirtmusic berufen sich auf diese Tradition. Auch die Amsterdamer Band Altin Gün (Goldener Tag) passt mit ihrem im April erschienen Debütalbum „On“ zu dieser musikalischen Richtung. Fuzzgitarren, Wah Wah-Effekte, sowie Coverversionen einiger türkischer Klassiker bestimmen das Bild. Psychrock, 70s Discofunk und Psychedelia versprechen eine unterhaltsame und tanzbare Show.

Donnerstag, 20.09. 16:30h Molotow

Donnerstag, 20.09. 23:10h Kaiserkeller

Field Divison

Dark Matter Dreams“ ist das erste Album des amerikanischen Folkpop-Duos Field Division bestehend aus Evelyn Taylor und Nicholas Frampton. Sie sind mitten im Herzen Amerikas in Des Moines der Hauptstadt des Bundesstaats Iowa zu Hause, wo Frampton schon lange als Musiker aktiv ist und früher vor allem in Punk- und Hardcorebands spielte, während Taylor vor der Bandgründung als Fotografin arbeitete. Ihre Musik ist eine Mischung aus aktuelleren Musikstilen wie Dream Pop und Folkwave und dem klassischen Pop und Rock der 60er und 70er Jahre. Sie stehen in der Tradition von US-Bands wie Crosby, Stills, Nash & Young und Fleetwood Mac, sind aber auch große Fans von Father John Misty. Das Album haben sie gemeinsam mit McKenzie Smith produziert, dem Schlagzeuger der US-Indierockband Midlake.

Samstag, 22.09. 15:00h Molotow

Samstag 22.09. 22:15h Spielbude

HOPE

Postrock und Darkpop aus Berlin gibt es beim Quartett um Sängerin Christine Börsch-Supan zu hören. Sie machen schon seit vielen Jahren gemeinsam Musik, zunächst als Indierockband Mamsell Zazou und dann mit kompletter musikalischer Neuausrichtung seit 2014 als Hope. Ihre düsteren Sounds und Geschichten haben mich schon 2015 beim Polyestival III im Oldenburger Klub Polyester komplett umgehauen. Im Oktober 2017 erschien auf Haldern Pop das erste Album mit teils mitreißend-monumentalem Postrock und teils bis zur Schmerzgrenze düster und spartanisch gehaltenem Darkpop. Großartig produziert von Olaf Opal (The Notwist, Naked Lunch, Woods Of Birnam). Live ein echtes Monster von Band.

Mittwoch, 19.09. 20:00h Sommersalon

Freitag, 21.09. 20:00h Nochtspeicher

Jaguwar

Die erste Platte des Berliner Trio Jaguwar hört auf den schönen Titel „Ringthing“ und erschien im Januar diesen Jahres. 2012 als Duo gestartet, sind sie seit 2014 zu dritt und haben seitdem schon zwei EPs beim US-Label Prospect Records herausgebracht. Ihre Anfrage als Toursupport für die britischen The Telescopes an Tapete Records in Hamburg hat ihnen dann gleich auch eine neue Plattenfirma eingebracht. New Wave, Post-Punk, aber vor allem ungestümer Shoegaze und melodischer Noiserock. Und das alles in bester Tradition von Slowdive, Ride, und My Bloody Valentine, aber durchaus auch mit Pop-Qualitäten, wie die Single „Crystal“ bei etlichen Radiosendern unter Beweis gestellt hat.

Mittwoch, 19.09. 15:00h Zur geilen Knolle

Mittwoch, 19.09. 23:20h Nochtspeicher

Jessica Einaudi

Die italienische Sängerin Jessica Einaudi ist die Tochter des berühmtem Neoklassik-Komponisten Ludovico Einaudi. Sie hat in der Vergangenheit schon mit Federico Albanese als Duo La Blanche Alchimie zusammengearbeitet und unter dem Pseudonym J Moon auch schon Dream Pop und elektronische Musik produziert. Mit ihrem neuen Album „Black and Gold“ kommt die Wahlberlinerin ohne Projektnamen oder Pseudonym als Popsängerin mit Hang zu pluckerndem Elektropop, düsteren Klavierballaden und verträumtem Dream Pop zu einer wahrhaft eigenen musikalischen Sprache.

Samstag, 22.09. 22:00h Angies Nightclub

Laura Carbone

Mit „Empty Sea“ hat Laura Carbone im Mai ihr zweites Album nach „Sirens“ aus Jahr 2015 herausgebracht. Die Mannheimer Sängerin war um 2010 Teil der Band Deine Jugend, mit der sie vor allem New Wave und NDW nachgeeifert hat. Ihr erstes Soloalbum war eine überraschend poppig-düstere Mischung aus New Wave, Dream Pop und Dark Wave. Danach begannen irgendwann die langwierigen Arbeiten am zweiten Album, unterbrochen und inspiriert von Touren mit INVSN und The Jesus And Mary Chain. Insgesamt mehr Rock und Noise sollte es sein. Eine komplette Neuorientierung und mehrfache Neustarts bei den Aufnahmen folgten, damit es nicht zu digital, zu glatt klang. Jetzt hört man am Sounddesign und den Kompositionen der Platte dieses hartnäckige feilen und zimmern an jedem einzelnen Track auch heraus. Ein abwechslungsreiches und herausforderndes Album zwischen Noise, Gothic Rock und Indiepop mit Verweisen auf Nancy Sinatra, Chris Isaak, PJ Harvey und Nick Cave. Ihre neue Single hat sie gemeinsam mit den nicht minder fantastischen The Pains Of Being Pure At Heart aufgenommen.

Mittwoch, 19.09. 19:30h Festival Village

Mittwoch. 19.09. 21:10 Sommersalon

Karies

Es geht sich aus“ hieß vor zwei Jahren das zweite Album der Band aus Stuttgart. Aufgenommen hatten sie es mit Max Rieger (Produzent) und Kevin Kuhn (Drums) von den Nerven. Ein ungestüm-düsteres Quartett mit New Wave, Postpunk und Noise-Einflüssen, die von Sonic Youth und Swans bis zu Joy Division oder deutschen Bands wie Die Erde oder Kolossale Jugend reichen. Das zweite Album „Alice“ erscheint am 12. Oktober (auf This Charming Man), erneut produziert von Max Rieger und gemastert von Ralv Milberg. Es klingt nicht nur super, sondern ist auch musikalisch abwechslungsreicher als der Vorgänger und wartet mit unerwarteten Einsprengseln von elektronischer Musik, treibenden Punkausbrüchen und ein wenig swingendem Jazz-Pop (!). Verdammt großartig muss ich sagen.

Donnerstag, 22.09. 23:25h Molotow

Samstag 22.09. 00:00h Knust

Princess Chelsea

Mit „The Loneliest Girl“ hat die neuseeländische Sängerin und Pianistin Chelsea Nikkel jetzt ihr drittes Album vorgelegt. Nach vielen Jahren in Indierockbands wie Teenwolf und The Brunettes verfolgt sie als Princess Chelsea einen düster-poppigen musikalischen Pfad mit vielen kleinen Miniaturdramen. Ausgesprochen opulent produzierter und aufwändig eingespielter Indiepop irgendwo zwischen den Breeders, den Bangles, Nancy Sinatra und Lana Del Rey. Dabei schreckt sie auch vor Italopop, Housebeats und gespenstisch angehauchtem Sixties-Girlpop nicht zurück. Wundervoll.

Donnerstag 20.09. 23:50h Terrace Hill

The Ninth Wave

Das schottische Quartett The Ninth Wave hat erst eine EP und eine Single auf dem Kerbholz. Trotzdem gelten sie als eine der großen Hoffnungen im Indierock. Wer die wenigen Songs der Band aus Glasgow kennt, weiß auch warum. Hymnischer Rock, melodischer Shoegaze und vorwärtstreibender Postpunk, zusammengehalten mit der unglaublich kraftvollen Stimme von Sängerin Elina Lin. Melodische-düster Songs in bester Tradition der White Lies oder der Editors geben hier schon die Richtung vor, die sich irgendwann auch mal in Form der ersten Platte manifestieren wird. Bis dahin bleibt nur das Konzert in Hamburg (oder in Köln und Berlin, wo sie auch spielen).

Mittwoch 19.09. 21:35 Molotow

Freitag 21.09. 21:30h Molotow

Wargirl

Die US-Band Wargirl ist seit ein echtes Kollektiv unterschiedlichster Persönlichkeiten. Drei Männer und drei Frauen machen Indiepop, Rock und Funk mit Einflüssen von Afrobeat und Psychedelia. Im Mittelpunkt stehen Produzent Matt Wignall, der in seinem Studio in LA schon Platten für die Cold War Kids und andere betreut hat und Sängerin Samantha Parks, deren Vater schon in den 70ern mit der Funkband Bull & The Matadors erfolgreich war. Die erste EP „Arbolita“ erschien im letzten Jahr und wurde vom Hamburger Label Clouds Hill auch als Vinyl herausgebracht. Folgerichtig erscheint bei den Hamburgern auch am 26. Oktober das Debütalbum der Band.

Freitag 21.09. 15:55h Bahnhof Pauli

Samstag 22.09. 14:45h Spielbude

Bonustipp:

Flut

Auch in diesem Jahr gibt es wieder einen Bonustipp und auch in diesem Jahr kommt er wieder aus Österreich. Wem Wanda zu schunkelig und Bilderbuch zu nervös ist, dem kann mit Flut eventuell geholfen werden. Irgendwo zwischen Wave-Pop, Falco, Kottan ermittelt, NDW und A Flock Of Seagulls schmieden sich die fünf ihr eigenes poppig-melodisches Retrosynthie-Paradies, das klingt als wäre das Radio beim Mittelmeerurlaub 1983 einfach für immer angeblieben. Das Album „Global“ erscheint am 5. Oktober auf Problembär Records.

Donnerstag, 20.09. 17:00h Zur geilen Knolle

Donnerstag , 20.09. 20:40 Nochtwache