Flux Gourmet – Berlinale Encounters
(Foto: © Flux Gourmet, Bankside Films, IFC Productions I)
Der britische Filmemacher Peter Strickland bedient eine eher eigenwillige Nische irgendwo zwischen Arthouse-Kino und Horrorfilm: Bereits sein filmischer Durchbruch „Berberian Sound Studio“ von 2012 funktionierte sowohl als Giallo-Hommage wie auch als Kunstfilm zum Thema Sounddesign; und in seinem letzten Film „Das blutrote Kleid“ befasste er sich mit Mode und Konsumverhalten.
(Radiobeitrag für Filmriss – Das Berlinalemagazin)
Seine Werke zeichnen sich durch opulente Setdesigns, raffinierte Kostüme und dramatischen Farbeinsatz aus. Alles wirkt künstlich und künstlerisch zugleich; als Inspiration dienen hier vor allem britische Hammer-Horror-Filme der Sechziger Jahre, sowie Werke anderer das Genre dominierenden Größen aus dem darauffolgenden Jahrzehnt – wie Dario Argento, Jess Franco und George A. Romero.
„Flux Gourmet“ spielt in dem selbstredend abseits gelegenen „Institut für Schall-Gastronomen“. Vier Künstler:innen sollen dort ihre audiovisuellen Werke zwischen Kochen, Musik und Performancekunst unter den Augen der gestrengen Institutsleiterin aufführen und verbessern. Diese wird von der vor allem durch „Game of Thrones“ bekannt gewordenen Gwendoline Christie gespielt, die hier bereits zum zweiten Mal mit Strickland zusammenarbeitet. Eine weitere Hauptrolle übernahm Asa Butterfield, der zuletzt mit der TV-Serie „Sex Education“ Erfolge verbuchen konnte. Im Mittelpunkt jedoch steht der griechische Schauspieler Makis Papadimitriou, dessen Aufgabe die Dokumentation der künstlerischen Arbeiten ist, und der zugleich an schweren Magen- und Darmproblemen leidet, die ihn nicht gerade zum Favoriten bei der Wahl zum Zimmernachbarn machen.
Neben musikalischen Performances zwischen Ambient, Field Recordings und Noise, bei denen Standmixer, Pfannen und Gemüse mit Mikrofonen und Effektgeräten zum Klingen gebracht werden, geraten auch zunehmend die gesundheitlichen Beschwerden des Dokumentierenden in den Fokus der künstlerischen Arbeit, was in einer öffentlich aufgeführten Darmspiegelung als Videoinstallation mündet.
Die Darstellung von Körperlichkeit und Verfall, gemischt mit erlesenen, aber auch verdorbenen kulinarischen Genüssen, inszeniert Strickland als deutliche Hommage an die Arbeiten des walisischen Regisseurs Peter Greenaway. Dessen Filme „Der Bauch des Architekten“ und „Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber“ stehen hier inhaltlich wie stilprägend Pate.
Peter Strickland geht mit dem Ort der Handlung, dem fiktiven „Institute For Sonic Catering“, zurück zu seinen künstlerischen Anfängen. Noch bevor er Filmemacher wurde, arbeitete er als Musiker im Kollektiv der „Sonic Catering Band“, mit der er schon seit 2003 experimentelle Musikstücke zur thematischen Verbindung von Essen und Musik herausbringt, die als Grundlage für den Soundtrack von „Flux Gourmet“ gedient haben mögen.
Trotz vermeintlicher filmischer Grenzüberschreitungen zwischen Flatulenzen, Body-Horror und angedeutetem Kannibalismus, entpuppt sich manches Blutbad hier lediglich als spritzende Tomatensoße, und ein ironisches Augenzwinkern entschärft wiederholt und zuverlässig das makabere Treiben. Zwar ist das künstlerisch eher inkonsequent, aber zumindest immer unterhaltsam.
(Dieser Text erschien zuerst als Radiobeitrag in der Sendung „Filmriss – Das Berlinale-Magazin“, einem gemeinsamen Projekt der norddeutschen Bürgersender Kiel FM, Lübeck FM, Westküste FM, Tide Hamburg, Radio Leinewelle und Oldenburg Eins.)