Infinity Pool – Berlinale Special
„Infinity Pool“ ist der dritte Spielfilm des kanadischen Regisseurs Brandon Cronenberg. Im Rahmen der diesjährigen Berlinale fand dessen europäische Premiere statt, sodass ich kurze Interviews mit dem Regisseur sowie den Hauptdarsteller*innen Mia Goth und Alexander Skarsgård führen konnte.
Brandon Cronenbergs Filme spielen oft in einem undefinierten Niemandsland mit Einsprengseln aus Genres wie Horror, Thriller, Satire und Science-Fiction. Sie stellen Realität und somit Identität ihrer Protagonist*innen in Frage, wobei durch extreme Gewaltausbrüche, halluzinogene Drogen und expliziten Sex rauschartige Visionen entstehen, die an das sozialkritische Science-Fiction-Kino der frühen siebziger Jahre erinnern.
(4 minutes with Brandon Cronenberg)
2012, nach einem ersten Achtungserfolg mit dem Debüt „Antiviral“, gelang dem Sohn des in ähnlichen Gewässern fischenden David Cronenberg vor drei Jahren mit „Possessor“ auch bei Genrefans der Durchbruch. Und obwohl er mit dem Vater die Vorliebe für drastischen Bodyhorror und verstörende Erotik teilt, gelang es ihm mit nur drei Filmen eine eigene Themenwelt zu entwickeln, sowie eine eindeutige visuelle Handschrift zu etablieren. Unterstützt wird er dabei durch Karim Hussain – der Regisseur von „Subconscious Cruelty“ (2000) war bei allen drei Spielfilmen Cronenbergs als Kameramann tätig.
Die Hauptrollen in „Infinity Pool“ haben der Schwede Alexander Skarsgård und die Amerikanerin Mia Goth übernommen. Skarsgård hatte seinen Durchbruch mit der Vampir-TV-Serie „True Blood“; zuletzt war er in der Titelrolle des „The Northman“ von Robert Eggers erfolgreich. Goth gilt seit ihren Rollen in Ti Wests aktueller Horror-Trilogie „X“, „Pearl“ und „MaXXXine“, sowie ihren Auftritten in Luca Guadagninos „Suspiria“-Remake und Karen Cinorres „Mayday“, als neuer Genre-Superstar. Beide sind mittlerweile auch als Produzent*innen tätig, Goth hat zudem als Autorin an Drehbüchern mitgeschrieben.
(4 minutes with Mia Goth and Alexander Skarsgård)
„Infinity Pool“ handelt vom von Skarsgård gespielten Schriftsteller James Foster, der mit seiner Frau ein exklusives Feriendomizil in einem fiktiven Inselstaat besucht. Während die Armut und die strengen Gesetze des umliegenden Landes durch hohe Mauern und Stacheldraht außen vorgelassen werden, wird in dem abgeriegelten Ressort ausschweifend gefeiert. Was James und seine von Goth gespielte neue Ferienbekanntschaft Gabi aber nicht davon abhält, zusätzlich hedonistische Abenteuer außerhalb des Luxusresorts zu suchen. Befeuert von reichlich Sex und Drogen geraten beide samt einer kleinen Clique von reichen Touristen in einen bizarren Strudel aus Brutalität, Korruption, Erniedrigung, gekrönt von drastisch auserzählter Gewalt.
Mit „Infinity Pool“ stellt Brandon Cronenberg die immer wiederkehrende Frage, ob sich die Reichen eigentlich alles erlauben dürfen, und beantwortet sie mit einem wankelmütigen „Ja, aber…“
Wohlhabenden Touristen, die sich in ärmeren Ländern unverschämt bis menschenverachtend verhalten: eine mittlerweile etwas altmodisch anmutende Idee, taugt bei Cronenberg nur als hauchdünne Sozialkritik, und wird von den fast schon absurd drastischen Darstellungen von Sex und Gewalt eher konterkariert. Damit ist der Film dem deutlich einfallsreicheren Vorgänger „Possessor“ unterlegen. Zu den Pluspunkten des Films zählen, neben Cronenbergs sichtlichem Talent bei Schnitt und Bildgestaltung, vor allem die Musik des renommierten kanadischen Elektronikkomponisten Tim Hecker und das grandiose Zusammenspiel seiner beiden Hauptdarsteller. Goth und Skarsgård haben jedenfalls bei ihrer Zusammenarbeit einen guten Draht zueinander gefunden, welcher während der gemeinsamen Interviews bei der Berlinale weiterhin spürbar war. Am 20. April kommt „Infinity Pool“ in die deutschen Kinos.