Interview mit Volker Schlöndorff

Rund 40 Jahre war die Fernsehverfilmung „Baal“ von Volker Schlöndorff unter Verschluss. Erst bei der Berlinale 2014 wurde der Film nach Beilegung eines Rechtsstreits wieder gezeigt. Nach einer ersten Veröffentlichung als DVD vor zwei Jahren ist der Film jetzt erstmals auf Blu-ray erschienen. Aus diesem Grund gibt es hier mein Interview mit Volker Schlöndorff vom März 2014 in voller Länge. Ich hatte ihn auf seiner Kinotour zu „Baal“ in Oldenburg getroffen.

(Interview mit Volker Schlöndorff am 27. März 2014 im Casablanca Kino Oldenburg)

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Die frühen Filme von Volker Schlöndorff sind alle von einer schwierigen Veröffentlichungsgeschichte geplagt. „Mord und Totschlag“ mit Anita Pallenberg (1967) gibt es gar nicht auf DVD oder Blu-ray. „Michael Kohlhaas – Der Rebell“ mit David Warner (1969) ist erst 2015, also ein Jahr nach dem Interview,  als DVD bei Winkler Film in Österreich herausgekommen.

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(Volker Schlöndorff / Weltkino Filmverleih)

Schlöndorff zeigt den Baal als eine Art Rockstar mit schwarzer Lederjacke und Kippe im Mundwinkel. Seine Figur führt ein rücksichtsloses und hedonistisches Dasein zwischen Kneipen, Künstlerateliers, Autobahnraststätten und Stripclubs. Für das Fernsehpublikums der frühen siebziger Jahre war das zu viel und auch Brecht-Verehrer nahmen es Schlöndorff übel die Figur wahlweise als „Gammler“, Hippie oder Tagedieb inszeniert zu haben.

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Die schwerwiegendste Ablehnung kam jedoch nicht von den westdeutschen Zuschauerinnen und Zuschauern, sondern aus Ost-Berlin von Brechts Witwe Helene Weigel. Sie soll bei der TV-Ausstrahlung den Raum bereits nach 20 Minuten verlassen haben und hat danach die Lizenz für weitere Aufführungen verweigert. Erst die Erben von Bertolt Brecht und Rainer Werner Fassbinder haben sich dann 50 Jahre später wieder zusammengesetzt und entschieden, dass der Film vor allem deshalb wieder freigegeben wird, weil er die erste und einzige Hauptrolle des Regisseurs Rainer Werner Fassbinder als Schauspieler für einen andern Regisseur ist.

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(Volker Schlöndorff / Weltkino Filmverleih)

Fassbinder selbst singt auch die im Film verwendeten Lieder des Theaterstücks. Die Musik dazu stammt vom Münchener Jazzmusiker und Filmmusikkomponist Klaus Doldinger. Gedreht wurde auf 16 mm größtenteils mit Handkamera, die der langjährige Fassbinder-Kameramann Dietrich Lohmann führte. Die Besetzung liest sich wie ein Who Is Who des deutschen Films der frühen Siebziger: Margarethe von Trotta, Hanna Schygulla, Irm Hermann, Walter Sedlmayer, Günther Kaufmann und Hark Bohm.

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Volker Schlöndorff gehörte in den 1960er und 1970er zu den international bekanntesten Regisseuren des so genannten „Neuen Deutschen Films“. Gemeinsam mit Rainer Werner Fassbinder, Wim Wenders, Werner Herzog und anderen jungen Filmemachern drehten sie ihre Werke fernab vom damals üblichen Heimatfilm und Unterhaltungskino und fanden so auch in Frankreich, England und den USA Zuspruch und Begeisterung.

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(Volker Schlöndorff / Weltkino Filmverleih)

Das Theaterstück „Baal“ (1918) ist eines der frühesten Werke des Dramatikers Bertolt Brecht. 1982 verfilmte Alan Clarke das Stück für die britische BBC mit David Bowie in der Titelrolle. 2004 gab es eine weitere deutsche TV-Fassung von Uwe Janson für das ZDF, in der Matthias Schweighöfer den Baal als selbstzerstörerischen Indierocker spielt.

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Am 27. März 2014 war Volker Schlöndorff gemeinsam mit seinem langjährigem Produzenten Eberhard Junkersdorff in Oldenburg zu Gast  (rechts im Bild: Dr. Detlef Roßmann vom Casablanca Kino Oldenburg).

Teile des Interviews sind 2014 in einen Fernsehbeitrag eingeflossen und nur die Audiofassung des Gesprächs hatte ich noch komplett vorliegen. Kamera und Ton beim Interview hat damals Martin Fitzke für Oldenburg Eins gemacht. Vielen Dank.

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(Weltkino Filmverleih)

Die restaurierte Fassung von Baal ist am 29.04. von Weltkino erstmals auf Blu-ray veröffentlicht worden. Eine neue DVD ist ebenfalls erschienen.

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