7 Tipps fürs Reeperbahn Festival

In diesem Jahr bin ich zum zweiten Mal beim Reeperbahnfestival mit dabei, das am Mittwoch startet. Vier Tage lang dreht sich in den Hamburger Clubs dann alles um Indiepop von Rock und Folk über elektronische Sounds bis hin zu Avantgarde und moderner Klassik. Vielleicht das abwechslungsreichste Musikfestival, das es in Deutschland gibt. Parallel dazu ist die Reeperbahn auch wieder alljährlicher Branchentreffpunkt von Journalisten, Plattenfirmen, Tourneeveranstaltern und Musikpromotern aus dem Independentbereich. Die nachfolgenden Konzerten stehen ganz oben auf meiner persönlichen Liste fürs diesjährige Festival.

1. Acid Arab

Das französische Kollektiv Acid Arab verbindet elektronische Sounds aus Techno und Trip-Hop mit traditioneller Musik aus Nordafrika. Die neue Platte nennen sie einfach und folgerichtig auch nur „Musik aus Frankreich“. Die Mischung aus europäischem Pop und moderner Musik aus Algerien oder Marokko ist in Paris seit rund 30 Jahren ein fester Bestandteil der Club- und Popkultur. Das mit vielen Gastmusikern produzierte neue Album ist eine Offenbarung in Sachen radikaler und zeitgemäßer Popmusik. „Musique de France“ vom Acid Arab erscheint am 17. Oktober auf Crammed Disc.

Donnerstag, 22.09. 20:00h MolotowSkyBar

2. Gold Panda

Der britische Produzent Gold Panda hat mit seinem dritten Album „Good Luck And Do Your Best“ seine vielleicht schönste und vor allem zugänglichste Platte vorgelegt. Breakbeat und Dubstep in seiner leichtesten und fast schon ambienten Variante. Melodiös, tanzbar und immer mit leichtem Hang zum Ohrwurm verbindet er Housebeats und flächige Synthis mit Elementen japanischer Musik. Der Plattentitel ist eine Redensart, die er von einem Japan-Trip mitgebracht hat, genau so wie viele der Samples und Sounds, die darauf zu hören sind. Erschienen ist das Album am 27. Mai bei City Slang.

Donnerstag, 22.09. 23:15h Übel & Gefährlich

3. Warhaus

Als Teil der belgischen Indierockband Balthazar hat Sänger und Gitarrist Maarten Devoldere schon an drei sehr bemerkenswerten Platten mitgewirkt und auch schon in Deutschland umjubelte Konzerte gespielt. Unter dem Namen Warhaus lässt er jetzt seiner schon bei Balthazar durchscheinenden Vorliebe für die großen düsteren Songschreiber der sechziger und siebziger Jahre freien Lauf. Große und kleine Geschichten von Liebe, Glaube und Verrat in der musikalischen Tradition von Lee Hazlewood, Leonard Cohen oder Serge Gainsbourg. Düsterer Chanson-Pop in elegant-zeitlosem musikalischen Design. „We Fucked A Flame Into Being“ von Warhaus ist am 2. September bei PIAS erschienen.

Freitag, 23.09. 19:30h Terrace Hill
Samstag, 24.09. 17:00h Molotow Backyard

4. July Talk

Das kanadische Quintett July Talk ist eine der sympathischsten Indierock-Neuentdeckungen der letzten Jahre. Einzigartig ist hier vor allem das Duett der Stimmen von Sängerin Leah Fay und Sänger Peter Dreimanis. Er abgrundtief und kratzig, sie glockenhell und aggressiv. Damit haben sie vom ersten Ton an einen hohen Wiedererkennungswert und das Duo macht vor allem live auch viel her. Die Musik bleibt so klassisch wie Indierock nur sein kann: treibend, gitarrenlastig und immer etwas freundlich-bedrohlich in der Tradition von Garbage oder auch ihren kanadischen Landsleuten von Metric. Das aktuelle, zweite Album „Touch“ ist am 9. September bei Vertigo / Universal erschienen.

Freitag, 23.09. 22:00h Kukuun
Samstag, 24.09. 0:00h Knust

5. Sven Helbig / Johannes Motschmann

Klassisch ausgebildete Komponisten, die ihrer Liebe zu Techno, Ambient und elektronischer Musik freien Lauf lassen, sind seit einigen Jahren ungemein erfolgreich und beliebt. Nils Frahm oder Federico Albanese sind die vielleicht populärsten Beispiele dieses Crossovers. Das Plattenlabel Neue Meister hat sich ganz diesen jungen „Klassikern“ verschrieben und präsentiert im Rahmen einer Labelnacht mit Sven Helbig aus Dresden und Johannes Motschmann aus Berlin zwei der interessantesten Musiker auf diesem Gebiet. Das Johannes Motschmann Trio hat bereits im Mai mit der Platte „Electric Fields“ eine Brücke von Klavierkompositionen in der Tradition von Erik Satie zu kosmischer Musik à la Tangerine Dream oder Jean-Michel Jarre geschlagen. Sven Helbig erforschte zunächst mit seinen „Pocket Symphonies“ die Möglichkeiten große symphonische Musik in kurze Popmusikeinheiten zu bringen. Mit seinem neuen Album „I Eat The Sun And Drink The Rain“ wendet er sich der Zusammenführung von Chormusik, Ambient und elektronischer Musik zu und schafft so wahrhaft „unerhörte“ Klangwelten (09. September Neue Meister). Außerdem gibt es an dem Abend noch eine Uraufführung des Bach-Projekts von Arash Safian und Sebastian Knauer „ÜberBach“ (erscheint ebenfalls am 09. September auf Neue Meister).

Freitag, 23.09. ab 19:30 resonanzraum

6. Wovenhand

Nach dem Ende von 16 Horsepower hat sich Sänger David Eugene Edwards komplett auf sein „Nebenprojekt“ Wovenhand verlegt. Mittlerweile gibt es diese Band schon seit sechzehn Jahren und damit länger als die Vorgängergruppe des Mannes aus Denver, Colorado. Mit dem neunten Studioalbum „Star Treatment“ überrascht Edwards mit rohem und ungestümen Country-Folkrock, der musikalisch einige seiner ruhigeren und elegischeren Platten der letzten Jahre weit hinter sich lässt. Düsterer Rock zwischen New Wave, Americana und Punk, den in dieser Form wohl nur Wovenhand spielen. Das Motto der Tour ist „Give Up Your Dead!“ und live könnte das tatsächlich eine ziemlich wüste und einschneidende Erfahrung werden. „Star Treatment“ ist am 09. September auf Glitterhouse erschienen.

Samstag, 24.09. 20:40h Gruenspan

7. Rival Consoles

Der britische Produzent und DJ Ryan Lee West veröffentlicht unter dem Namen Rival Consoles seit rund 10 Jahren einzigartige und innovative Musik zwischen Ambient, Techno und Elektropop. Mit seinem im letzten Jahr erschienen Album „Howl“ hat er so etwas wie den Höhepunkt seines bisherigen Schaffens vorgelegt. Jetzt ist mit der Mini-LP „Night Melody“ ein etwas verspielterer und leichterer Nachklapp erschienen. Zeitgemäße instrumentale Popmusik, die sich zum aktiven Zuhören genau so eignet, wie zum entspannten Tanzen. Live mit Sicherheit einer der elektronischen Höhepunkte des diesjährigen Reeperbahnfestivals. „Night Melody“ ist am 05.08. auf Erased Tapes erschienen.

Samstag, 24.09. 23:45h resonanzraum

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